Es führt kein Weg daran vorbei: Wenn die Sommer auch hierzuland immer heisser werden, müssen wir neue Gegenstrategien entwickeln – nicht nur gegen die Gletscherschmelze. Zum Teil braucht es auch Aufforstungen. (Foto: Shutterstock)

Studie unterstreicht Dringlichkeit 
Eine aktuelle Studie des World Economic Forum (WEF) zeichnet ein alarmierendes Bild: Die globale Wassernachfrage wird bis 2050 voraussichtlich um 55 % steigen. Gleichzeitig könnten bis zu 5,7 Milliarden Menschen bis zur Mitte des Jahrhunderts in Gebieten leben, die mindestens einen Monat pro Jahr von Wassermangel betroffen sind. Diese beunruhigenden Prognosen unterstreichen die Dringlichkeit, mit der die weltweite Wasserkrise angegangen werden muss.

Schweizer Modell als Vorbild? 
Inmitten dieser globalen Herausforderung sticht der Schweizer Ansatz zum Wasserressourcenmanagement hervor. Experten sehen darin mögliche Lösungsansätze für andere Länder:

  1. Integrales Einzugsgebietsmanagement: Die Schweiz betrachtet Wasserressourcen ganzheitlich auf Ebene von Einzugsgebieten, nicht nur lokal. Dieser Ansatz erlaubt eine Wasserwirtschaft durch regionale Abstimmung, Prioritätensetzung und Koordination zwischen den verschiedenen Akteuren.
  2. Vorausschauende Planung: Schweizer Behörden setzen auf langfristige, regionale Planung der Wasserressourcen, um potenzielle Konflikte frühzeitig zu erkennen und zu entschärfen.
  3. Anpassungsfähige Führung: Das Projekt IWAGO (Integrated Water Governance with Adaptive Capacity in Switzerland) zeigt, wie flexible und anpassungsfähige Regelungsstrukturen zu effizienteren Lösungen führen können.
  4. Datenbasierte Entscheidungsfindung: Die Schweiz investiert in umfassende Datenerhebung zur Wassernutzung, was eine fundierte Grundlage für Managemententscheidungen schafft.
  5. Föderaler Ansatz mit nationaler Koordination: Während die Kantone für das Wassermanagement zuständig sind, stellt der Bund Leitlinien und Koordination sicher.

Wie die Schweiz ihren Ansatz entwickelte
Die Schweiz hat ihr Wasserressourcenmanagement über die Jahre kontinuierlich weiterentwickelt. Ein bedeutender Meilenstein war die Einführung des integralen Einzugsgebietsmanagements, das als Reaktion auf den zunehmenden Druck auf die Wasserressourcen implementiert wurde. Dieses ganzheitliche Konzept ermöglicht eine umfassende Betrachtung und Steuerung der Wassernutzung über grössere geografische Gebiete hinweg.

Ein weiterer Wendepunkt in der Entwicklung des Schweizer Wassermanagements war der Hitzesommer 2003. Diese extreme Wetterlage führte zur Erkenntnis, dass auch die Schweiz, trotz ihres Wasserreichtums, von lokalen Wasserknappheitsproblemen betroffen sein kann. Als Konsequenz daraus erarbeitete das Bundesamt für Umwelt (BAFU) praxisorientierte Grundlagen in Form von drei Modulen: die Identifizierung von Risikogebieten, die langfristige Bewirtschaftung von Wasserressourcen und der Umgang mit Ausnahmesituationen. Diese Module bilden heute die Basis für ein vorausschauendes und anpassungsfähiges Wassermanagement auf nationaler Ebene.

Konkrete Massnahmen
Die Schweiz setzt auf ein breites Spektrum konkreter Massnahmen zur Verbesserung des Wasserressourcenmanagements. Eine zentrale Rolle spielt dabei die Revitalisierung von Gewässern und Quellen, die nicht nur die Biodiversität fördert, sondern auch die natürliche Wasserspeicherkapazität der Landschaft erhöht. Parallel dazu wird die Wiedervernässung ehemaliger Feuchtgebiete vorangetrieben, was sowohl dem Naturschutz als auch der Verbesserung des lokalen Wasserhaushalts dient. In landwirtschaftlich genutzten Gebieten wird die Entfernung oder der temporäre Einbau von Drainagen praktiziert, um die Wasserspeicherung im Boden zu optimieren.

Der Bau von Wasserrückhaltebecken und Weihern ist eine weitere wichtige Strategie, die hilft, Niederschlagsspitzen abzufangen und Wasser für Trockenperioden zu speichern. Gleichzeitig wird grosser Wert auf die Verbesserung der Versickerung von Regenwasser gelegt, um die Grundwasserneubildung zu fördern.

In städtischen Gebieten setzt die Schweiz verstärkt auf die Umsetzung von Schwammstadt-Massnahmen wie die Schaffung von Grünflächen und die Förderung von Dachbegrünungen. Diese Ansätze tragen dazu bei, Regenwasser in der Stadt zurückzuhalten, die Verdunstung zu erhöhen und somit das städtische Mikroklima zu verbessern.

Herausforderungen und Zukunftsperspektiven
Trotz des fortschrittlichen Ansatzes steht auch die Schweiz vor Herausforderungen. Der Klimawandel und steigende Nutzungsansprüche erfordern eine kontinuierliche Anpassung des Wassermanagements. Zudem zeigt sich, dass die föderale Struktur der Schweiz manchmal eine einheitliche nationale Strategie erschwert.

Der Schweizer Ansatz zum Wasserressourcenmanagement bietet wertvolle Einsichten für andere Länder. Die Kombination aus integraler Betrachtung, vorausschauender Planung und flexibler Governance könnte als Modell für Regionen dienen, die mit ähnlichen Herausforderungen konfrontiert sind. Die Grundprinzipien des Schweizer Ansatzes können wichtige Impulse für ein nachhaltigeres globales Wassermanagement geben.

Quellen:

  1. https://www.vs.ch/de/web/plateforme-eau/gestion-de-la-ressource
  2. https://www.bafu.admin.ch/bafu/de/home/themen/wasser/fachinformationen/massnahmen-zum-schutz-der-gewaesser/uebergeordnete-instrumente/wasserressourcenmanagement.html
  3. https://aquaviva.ch/de/aktuelles/wasserressourcenmanagement-nach-schweizer-art-gestern-heute-morgen

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