Noch vor kurzem verteidigte Facebook-Gründer Mark Zuckerberg sein Nicht-Eingreifen gegen Fake-News vor der US-Politik. Zum Corona-Virus gehen seine und andere Plattformen ziemlich hart gegen falsche Nachrichten vor.  (Bild: Shutterstock)

Bald ist in der Schweiz die «Woche 2» im Corona-Lockdown vorbei. Erst – möchte man nun sagen. Doch wenn man schaut, mit welcher Geschwindigkeit sich die Bevölkerung, die Wirtschaft, die Politik und die Medien an die neuen Gegebenheiten anpassen, ist eines schon jetzt klar: Vieles wird anders sein, wenn die Normalität wieder einkehren wird. Wie schon nach der Spanischen Grippe, die etwa zu einer sozialeren Gesundheitsvorsorge in Europa und einem Modernisierungsschub in der Medizin geführt hatte, wird es auch nach Corona Entwicklungsschübe geben, deren Einfluss und Tempo sonst kaum derartig stattfinden würden.

Social Media steht für vernetzte Informationswelt
Noch schneller als das Virus verbreiteten sich die News davon über den ganzen Globus. Die Nachrichten gingen wortwörtlich viral. Vor allem Social Media entwickelte sich zum Epizentrum einer eigentlichen Informationsschlacht. Jeder, der regelmässig auf Facebook, Twitter oder Co. surft, kann dem Coronavirus kaum mehr entkommen. Einmal mehr zeigt sich, wie stark die Social-Media-Plattformen schon für die «vernetzte Informationswelt» stehen.

Facebook, Twitter, LinkedIn, TikTok und das BAG
Eine Sache ist allerdings ganz anders als vor dem Einfall des Virus in unser Leben. Klickt man heute auf einen Hashtag – etwa #Corona, #Coronavirus oder #Covid-19 –, so wird als erstes ein Hinweis auf die Informationen des Bundesamtes für Gesundheit BAG eingeblendet. Man wird also direkt zur offiziellen Information einer Behörde geführt. Dies zieht sich über alle Plattformen wie Facebook, Twitter und LinkedIn. Selbst auf der «Jugendplattform» TikTok wird eine entsprechende Meldung angezeigt. Aktuell werden alle Inhalte, welche von Behörden als Fake-News identifiziert werden, von den Plattformen einfach gelöscht.

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Google ändert Algorithmus
Selbst die Suchplattform Google hat den Algorithmus entsprechend angepasst, so dass bei der Keyword-Eingabe «Corona» in der Schweiz als oberste Website die Informationen des BAG eingeblendet werden. Neuerdings ist es nicht mehr erlaubt, Werbung mit Bezug zu Corona zu schalten, Facebook hat sogar den jeweiligen Gesundheitsbehörden kostenlos Werbeflächen zur Verfügung gestellt. Diese Anpassungen werden von den Plattformen weltweit so umgesetzt.

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Bemerkenswerte Kehrtwende der Tech-Giganten – Kampf gegen Fake-News
Diese Kehrtwende ist bemerkenswert. Zur Erinnerung: Bisher schien es unmöglich, bei politisch motivierten Fake-News ein solches Vorgehen durchzusetzen. Laut Facebook-Chef Mark Zuckerberg erlaubt seine Firma «keine Inhalte, die eine unmittelbare Gefahr oder ein Risiko schaffen». Bei Falschinformationen rund um das Coronavirus ist diese Voraussetzung nun wohl endgültig gegeben, so dass auch der vermeintliche Verfechter der Meinungsfreiheit eingreift. Die Plattformen werden sich nach diesem Ereignis kaum noch darauf berufen können, es sei technisch nicht möglich Fake-News auszumerzen.

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Corona-Sorge führt zu mehr Netiquette
Einen Moment herrschte bei Social Media wieder eine fast normale Diskussionskultur vor. So wie früher, man hat nun eine gemeinsame Sorge. Dies führt dazu, dass weniger gehässig kommentiert wird und auch Politiker verschiedener Parteien sich demonstrativ hinter die Entscheide des Bundesrats stellen. Und plötzlich ist wieder eine solidarische Stimmung wahrnehmbar, der ursprüngliche Gedanken von «Social» Media kehrt zurück. Zu dieser Entwicklung passen auch die diversen Hilfsgruppen, die zu Solidarität und Nachbarschaftshilfe aufrufen, die auf Facebook auftauchen und über Twitter fleissig geteilt werden. Es scheint, dass die Menschen in schwierigen Zeiten zusammenhalten. Als Lektion daraus sollten wir lernen, dass Werte wie Solidarität und Gemeinschaftssinn auch in den hoffentlich schon bald wieder anstehenden Zeiten wichtig bleiben sollen.

Russland und andere normale Verdächtige streuen Fehlinformationen
Während die meisten Staaten und deren Bevölkerung zusammenrücken, sehen die Schurken in dieser Lage ihre Chance. So legte die Zürcher Kantonspolizei einer Gang das Handwerk, die gefälschtes Schutzmaterial und Desinfektionsmittel gegen das Coronavirus online verhökern wollte. Aber im Netz sind noch andere dunkle Gestalten unterwegs. So haben Russland-Beobachter der EU-Kommission Hinweise auf eine Desinformationskampagne von Kreml-nahen Medien gegeben. Das Coronavirus sei weniger gefährlich als die klassische Influenza-Grippe oder eine biologische Waffe des Vereinigten Königreichs, behaupten diese Medien nun. Die EU-Fachleute vermuten, dass der Kreml versuche, mit Fake-News über den Erreger die europäischen Bürger zu verwirren. Die Desinformationskampagne wolle demnach «alternative Fakten» verbreiten.

Auch in der Schweiz sind obskure Gruppen am Werk
Es sind aber nicht nur Putins Leute, die sowas verbreiten. Auch hierzulande sind diverse obskure Gruppen am Werk; sie verbreiten die Meinung, es sei alles gar nicht so schlimm. Die Covid-19-Pandemie? Nicht schwerwiegender als die übliche Grippewelle, und wenn man nicht ständig Menschen mit dem kleinsten Husten einem Test unterziehen würde, dann würde man gar nichts davon merken. All das ist fatal. Darum ist der Beitrag der Plattformen gegen Fake-News wirklich wichtig. Und darum sind wir alle gefordert: Wir sollten unsere Stimme gegen Leute erheben, die Unsinn oder gefährliche Empfehlungen verbreiten. Wir sollten keine solchen Posts auf den Social-Media-Plattformen weiterverbreiten. Was sonst auch gilt, gilt in dieser Situation umso mehr.

Jetzt ist Kreativität im Homeoffice gefragt
Nach dem Aufruf des Bundesrats vom 20. März 2020 an die Schweizer Bevölkerung, das Haus nur wenn nötig zu verlassen, hat ein Teil der Wirtschaft auf Homeoffice umgestellt. Unsere Agentur konnte relativ schnell reagieren, da die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter schon gewohnt waren, an verschiedenen Arbeitsplätzen in verschiedenen Büros über die ganze Schweiz verteilt zu arbeiten. Die Erfahrung, wie Workshops und Sitzungen per Videocall auch die Effizienz zu steigern helfen und dass Mitarbeiter auch von zuhause aus speditiv arbeiten können, wird unsere Schweizer Arbeitswelt nachhaltig verändern. Wir erwarten, dass die Digital-Work-Kultur einen unvorhergesehenen Schub erhalten wird.

Gebeutelte Eventbranche findet innovative Wege dank Social Media
Stark durchgerüttelt wird zurzeit auch die Eventbranche: Viele Events mussten im Zuge der Massnahmen des Bundesrats abgesagt werden. Ähnlich wie beim Homeoffice haben auch hier einige Firmen rasch reagiert und auf virtuelle Konferenzen gesetzt. Ein gutes Beispiel dafür liefert SAP: Die Veranstaltung «SAP Now», zu der in Basel 3500 Teilnehmer erwartet wurden. Die Konferenz wurde innert zehn Tage auf ein virtuelles Konzept umgestellt. Einfache, aber sehr wirkungsvolle und darum gute Beispiele liefern gerade auch Musikschaffende. Sie haben mit tollen Aktionen die Menschen zuhause unterstützt. Inzwischen finden regelmässig Livestreams statt, in der Schweiz etwa von Stephan Eicher, Hecht, Lo & Leduc. Aber auch internationale Künstler wie Coldplay haben sich so an ihre Fans gewandt. Für einmal ist die Klassik mindestens so innovativ: So streamt die Wiener Staatsoper einige der Vorstellungen live und auch die Berliner Philharmoniker kann man bis Ende März gratis bei sich zuhause im Wohnzimmer geniessen. Dies sind einige Beispiele unter vielen, die Mut machen und Freude ins eigene Heim bringen.

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