Die Aussichten, ein neues Amazon-Hauptquartier zu beherbergen, haben etliche US-Städte und Bundesstaaten nahezu in den Wahnsinn getrieben. (Bild: Shutterstock)

Der Online-Händler Amazon baut in den USA zwei weitere Zentralen auf, eine auf Long Island City im New Yorker Bezirk Queens, die andere in Arlington im Bundesstaat Virginia. Insgesamt will Amazon 2,5 Milliarden Dollar investieren und 25’000 Jobs schaffen.

Milliardenschwere Steuernachlässe und Vergünstigungen
Diese Aussichten haben etliche US-Städte und Bundesstaaten nahezu in den Wahnsinn getrieben. Wer möchte nicht schon eine der globalen Tech-Ikonen bei sich ansiedeln? Kein Wunder, haben sich 238 Standorte beworben und sich allerlei einfallen lassen. Eines der zentralen Ansiedlungskriterien waren milliardenschwere Steuernachlässe. Der Konzern aus Seattle forderte auch Bauland sowie Unterstützung bei der Umsiedlung. Ausserdem müsse es am neuen Sitz einen internationalen Flughafen, öffentlichen Nahverkehr und gute Bildungseinrichtungen geben. So wurde der Wettbewerb zwischen den Standorten regelrecht angeheizt.

In New York darf sich Amazon gemäss Medienberichten nun auf Subventionen von über 1,5 Milliarden Dollar freuen, vor allem durch Steuervergünstigungen, in Arlington dürfte es rund eine halbe Milliarde Dollar sein. Im Gegenzug verspricht Amazon viele neue Jobs und hohe Investitionen.

Politiker versus Kritiker 
Amazons spektakuläre Brautschau und die teilweise devote Haltung und Zurschaustellung der Bewerber haben nicht nur in den USA hohe Wellen geschlagen. Während sich die lokalen Politiker als innovative Standortförderer ins rechte Licht rückten, gaben die Kritiker zu bedenken, dass die Investitionen und Arbeitsplätze teuer erkauft würden und sich die Versprechen längst nicht immer erfüllten. Zudem habe Amazon dank der Bewerbungsdossiers wertevolle Daten von 238 Städten und Bundesstaaten erhalten, die nun ausgeschlachtet würden.

Wettbewerb ist positiv – aber im Rahmen
Wäre ein solches Vorgehen auch in der Schweiz denkbar? Setzt ein Konzern wie Amazon bei der Standortsuche neue Massstäbe? Auch hierzulande? Sonja Wollkopf Walt, Geschäftsführerin der Standortmarketingorganisation des Wirtschaftsraums Greater Zurich Area, hält einen gesunden Wettbewerb zwischen Gemeinden, Kantonen und Staaten bei der Ansiedelung neuer Firmen und Konzerne für sinnvoll. Dieser führe in der Tendenz zu innovations- und unternehmensfreundlichen Bedingungen sowie zu wettbewerbsfähigen Regulierungen und Steuerbelastungen.

Gemeinden sollten sich nicht auf Machtspiele der Konzerne einlassen
Allerdings hat Sonja Wollkopf in Fällen wie jenem von Amazon den Eindruck, dass einzelne Standorte bewusst gegeneinander ausgespielt werden sollten, um möglichst grosse Vorteile wie Subventionen und Vergünstigungen herauszuholen. Das Problem liege jedoch nicht alleine bei einem übermächtigen Konzern wie Amazon, sondern bei den Städten und Bundesstaaten, die sich auf solche Machtspiele einliessen. «Eine solche Standortpolitik ist kaum nachhaltig. Unternehmen, die ausschliesslich wegen Vergünstigungen und Subventionen kommen, sind oft genauso schnell wieder weg, wenn diese Anreize wegfallen», sagt Wollkopf.

Die Forderung nach Subventionen und Steuervergünstigungen sei an sich nichts Neues. Neu sei dagegen, so Sonja Wollkopf, dass einerseits der Wettbewerb der Standorte intensiver sei und andererseits gewisse Unternehmen so gross und mächtig seien, dass sie ihre Forderungen leichter durchsetzen könnten. «Wer will sich schon die Chance auf die neue Ansiedlung von Amazon oder Tesla entgehen lassen?»

Umdenken in der Schweiz
Allerdings hat in der Schweiz in den letzten Jahren ein Paradigmenwechsel stattgefunden. Früher stand folgende Überlegung im Mittelpunkt: «Was bietet die Region einem multinationalen Unternehmen?» Heute orientieren sich Standortförderer eher an der Frage: «Welchen Mehrwert schafft ein Unternehmen für die Region?»

Die wichtigsten Grundsätze für eine Ansiedlung
Was heisst das konkret für Sonja Wollkopf? «Wir wollen den positiven Strukturwandel fördern, Innovation und Know-how in den Wirtschaftsraum bringen und Unternehmen ansiedeln, die qualifizierte Arbeitsplätze schaffen und mit ETH, Universitäten und Fachhochschulen sowie bereits ansässigen Unternehmen zusammenarbeiten wollen und können.» Diese Firmen müssten den Wirtschaftsraum Greater Zurich Area und die Schweiz weiterbringen, sagt Sonja Wollkopf. «Wir wollen keine Ansiedlungen um jeden Pr

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