Der Verlust von Daten in der Trump-Administration als Risiko für die Zukunft
Wie die USA nicht nur sich selbst schaden, sondern auch dem Rest der Welt
Die Fähigkeit der US-Regierung, umfassende Daten zu sammeln und auszuwerten, ist seit Jahrzehnten ein wichtiger Eckpfeiler für fundierte politische Entscheidungen. Doch diese Grundlage wird zunehmend untergraben, wie ein aktueller Bericht von Pro Publica verdeutlicht, einem gemeinnützigen Nachrichtenportal. Unter der Trump-Administration wurden nämlich zahlreiche Teams, die für die Datenerhebung und -analyse zuständig waren, reduziert oder vollständig aufgelöst. Dies betrifft zentrale Bereiche wie Drogenmissbrauch, Müttersterblichkeit, Klimawandel und mehr.
Das ist somit auch ein Problem für Europa: Die Zusammenarbeit und der Datenaustausch zwischen den USA und Europa sind für die Stabilität der Finanzmärkte, für Innovation und für Investitionen zentral. Viele regulatorische und wirtschaftliche Entscheidungen in Europa basieren auf Daten und Analysen, die von US-Institutionen oder -Unternehmen bereitgestellt werden. Auch Forschungsdaten, insbesondere im Gesundheitsbereich, werden häufig transatlantisch ausgetauscht. US-Behörden wie FDA oder CDC stellen Daten und Standards bereit, die auch für europäische Akteure massgeblich sind, etwa bei der Zulassung von Medikamenten oder der Bekämpfung von Pandemien.
Ein Beispiel gefällig, wo Europa von US-Daten abhängig ist? Die US-Wetterbehörde NOAA ist für rund die Hälfte aller CO₂-Beobachtungen im Meer verantwortlich. So sagte Nicolas Gruber, Professor für Umweltphysik an der ETH Zürich kürzlich gegenüber 20 Minuten, dass zukünftig deshalb wichtige Daten fehlen könnten, die zum Beispiel aufzeigen, wie viel CO₂ der Mensch noch durch die Verbrennung fossiler Energie produzieren darf, damit die Klimaziele des Pariser Klimaabkommens immer noch erreicht werden können. Ähnliches dürfte auch für Wetterdaten gelten.
Ein systematischer Abbau von Datenquellen
Beispielhaft für diese Entwicklung, die die Trump-Administration eingeleitet hat, ist laut Pro Publica das US-Gesundheitsministerium, das unter der Leitung von Robert F. Kennedy Jr. die 17-köpfige Einheit zur Durchführung der National Survey on Drug Use and Health entlassen hat. Diese Umfrage hat seit über fünf Jahrzehnten wesentliche Erkenntnisse über Trends im Bereich Drogenmissbrauch und psychische Gesundheit geliefert. Ähnlich erging es dem Pregnancy Risk Assessment Monitoring System, dessen Daten seit Jahren zur Analyse der Müttersterblichkeitsrate herangezogen wurden. Nun ist unklar, ob und wann diese Datensammlungen wieder aufgenommen werden.
Auch das Bildungsministerium wurde nicht verschont: Das National Center for Education Statistics wurde drastisch verkleinert, was die Erhebung und Analyse von Bildungsdaten erheblich erschwert. Dies betrifft nicht nur das National Assessment of Educational Progress (NAEP), sondern auch die jährlichen Bildungsstatistiken, die nun aufgrund fehlender Ressourcen kaum noch aktuell gehalten werden können.
Die Umweltschutzbehörde EPA hat angekündigt, die Berichterstattung über Treibhausgasemissionen von Industrieanlagen einzustellen. Seit 2010 wurden diese Daten gesammelt, um den Fortschritt in der Klimapolitik zu messen. Ohne diese Informationen wird es künftig schwer sein, die Effektivität von Klimaschutzmassnahmen zu bewerten. Zudem wurde das Tool EJScreen, das Umweltdaten regional aufschlüsselt und Ungleichheiten sichtbar macht, eingestellt.
Die Einwanderungsstatistiken sind ein weiteres Beispiel für den Datenverlust: Die letzte umfassende Erhebung stammt aus den letzten Monaten der Biden-Administration. Die aktuellen Zahlen zu Abschiebungen und andere Migrationsdaten wurden bisher nicht aktualisiert. Während Präsident Trump sich rühmt, die Einwanderung effektiv eingedämmt zu haben, fehlen verlässliche Daten, um diese Behauptungen zu überprüfen.
Ein Verlust von unschätzbarem Wert
Daten sind das Fundament evidenzbasierter Entscheidungen. Der Verlust dieser Datenquellen gefährdet nicht nur die wissenschaftliche Forschung, sondern auch die Transparenz und Rechenschaftspflicht der Regierung. «Wie soll die Bevölkerung wissen, ob die Massnahmen erfolgreich sind, wenn keine Daten mehr gesammelt werden?», fragt Shelley Burns, eine ehemalige Statistikexpertin beim National Center for Education Statistics. Auch der Bildungsforscher Dan Goldhaber zeigt sich besorgt: «Die Ironie ist, dass die Administration argumentiert, Bildungsleistungen seien gesunken – aber die Grundlage dieser Aussage sind die Daten, deren Erhebung sie jetzt eingestellt hat.»
Die Frage bleibt, ob die USA diese verlorene Datensammlungskapazität je wieder aufbauen können. Für den Moment sind die Konsequenzen dieses Informationsverlusts kaum absehbar – und der Schaden, der dadurch entsteht, könnte sich über Jahrzehnte hinweg erstrecken. Die Folgen werden wohl auch auf anderen Kontinenten sehr bald spürbar werden.