Mensch und Maschine verschmelzen immer mehr. (Bild: Wiki commons)

Die Prognosen über das baldige Ende der Arbeit häufen sich: Roboter und künstliche Intelligenz würden die Arbeit vom Menschen gänzlich übernehmen, heisst es. Im besten Fall werde uns diese grosse Substitution in die frühzeitige Pensionierung schicken und von der Last befreien, für unser tägliches Brot arbeiten zu gehen. Womöglich werden wir aber an den Rand der Gesellschaft gedrängt, von den digitalen Intelligenzen gerade noch geduldet, ein bisschen wie diese Stämme von Jägern und Sammlern, die verstohlen am Rande unserer Zivilisation überleben. Die Zeit sei deshalb gekommen, das ökonomische System gänzlich zu überdenken.

Wirklich? Ist tatsächlich eine solche pessimistische Vision des Arbeitsmarktes gerechtfertigt, während eines von fünf Schweizer Unternehmen Engpässe bei der Rekrutierung von qualifiziertem Personal bekundet und die Arbeitslosenquote unter 4 Prozent liegt? Mehr als 96 Prozent der Schweizerinnen und Schweizer, die einer Arbeit nachgehen wollen, können dies auch tun.

Wer sich sorgt, von einem Roboter ersetzt zu werden, sollte sich umso mehr vor seinen Mitmenschen fürchten. Denn was für ein besseres Substitut der eigenen Arbeit gibt es als die Arbeit der anderen? Vor zwanzig Jahren gab es in der Schweiz rund vier Millionen Beschäftigte. Seither sind eine Million Arbeitende dazugekommen. Unter ihnen findet man Junge, Ausländer und viele Frauen. Aber nicht deswegen haben jene, die vor zwanzig Jahren eine Stelle hatten, diese verloren – die grosse Welle der Frauenarbeit hat sie nicht vom Arbeitsmarkt weggespült. Im Gegenteil: Wer 1997 berufstätig war, ist vermutlich in den Genuss von ansehnlichen Lohnerhöhungen gekommen. Die Löhne sind gestiegen, obwohl die Zahl der Arbeitswilligen stark zugenommen hat.

Gewiss, diese positive Entwicklung ist nicht garantiert. Es braucht kontinuierliche Investitionen, unter anderem in die Weiterbildung; die eigenen Leistungen müssen immer wieder an die neuen Gegebenheiten angepasst werden. Es ergibt aber keinen Sinn, eine fixe Anzahl an Aufgaben anzunehmen, die irgendwann erledigt werden müssen. Die grosse Substitution durch Maschinen hat nicht stattgefunden, und sie wird auch nicht stattfinden – obschon bald Hunderttausende von hochentwickelten menschlichen Maschinen der letzten Generation den Zugang in den Arbeitsmarkt suchen werden.

Dieser Beitrag ist erstmals am 9. Juni 2017 auf der Webseite vonAvenir Suisse erschienen.

«Was Citizen Kane erlebt, das habe ich auch immer wieder gespürt»

Präsident Marco Solari über die Folgen des Gesetzes zur Korruption für das Festival Locarno und die Faszination für Orson Welles.

«Vor 20 Jahren wollte niemand Bio-Schoggi produzieren»

Alessandra Alberti, Chefin des Tessiner Schokoladeherstellers Stella, über den Vorteil der Kleinen, die Bedeutung des Exports und die Freude am Führen.

Schweiz als Vorreiterin in der KI: Warum hier die Zukunft entsteht

Zusammenarbeit von Wissenschaft und Wirtschaft soll Vertrauen in die Technologie und ihre Regulierung stärken.

Nach Corona wird die Welt anders sein – so wird sie aussehen

Welche Veränderungen und Prioritätssetzungen führende Denker nach der Krise erwarten.

«Es ist extrem kompetitiv»

Weltraumforscherin Salome Gruchola erklärt, wie sie ein Instrument baut, um Leben im All nachzuweisen.

Das Vertrauen in die Medien schwindet

Wie Schweizerinnen und Schweizer mit News umgehen, welchen Marken sie vertrauen und welche Medien sie nutzen.

Reiseführer durch die digitale Galaxie

Neu gibt es einen Atlas für die digitalen Welten. Aber wie bringt man das zwischen zwei Buchdeckel?

Vom Militär in die Wirtschaft

Wie Design Thinking die Komplexität, die Dynamik und die Ungewissheit reduziert. Ein Gespräch mit dem Organisationsentwickler Reto Wampfler.

«Die Russen denken, dass der Westen Demokratie spielt»

Die Historikerin und Russlandexpertin Botakoz Kassymbekova lehrt an der Universität Basel. Die Kasachin erklärt, warum der Angriff auf die Ukraine nur der Anfang war.