Jungen und Mädchen driften politisch immer stärker auseinander. Hauptursache für diese Entwicklung: Jungen lehnen zunehmend die Gleichstellung ab, wie jetzt eine norwegische Untersuchung unter 130’000 Schülerinnen und Schülern zeigt. (Foto: Shutterstock)

Teenagerjungen werden immer rechter, Mädchen tendieren nach links: Eine bahnbrechende Studie aus Norwegen dokumentiert, wie sich die politischen Ansichten von Jugendlichen dramatisch auseinanderentwickeln. Die Ergebnisse dürften auch für die Schweiz relevant sein, wo ähnliche Trends unter den U-30-Jährigen beobachtet werden.

Polarisierung ist so deutlich wie nie zuvor

Eine umfassende Analyse von 130’000 norwegischen Schülern zwischen 15 und 18 Jahren über den Zeitraum 1989 bis 2023 zeigt, dass der Geschlechterunterschied in der politischen Orientierung in den letzten zehn Jahren stark zugenommen hat. Studienautor Ruben B. Mathisen von der Universität Bergen erklärt dazu: «Die Polarisierung hat das höchste je gemessene Niveau erreicht – doppelt so hoch wie bei jungen Erwachsenen und dreimal höher als bei älteren Erwachsenen.»

Besonders auffällig: Die Kluft geht weit über den Generationenunterschied hinaus. Während bei Erwachsenen die politische Polarisierung zwischen den Geschlechtern relativ stabil geblieben ist, haben sich die Ansichten der Jugendlichen dramatisch auseinanderentwickelt. Beispielsweise stimmten bei Schulwahlen 27,4% der Jungen für rechtspopulistische Parteien – ein Plus von 10,8 Prozentpunkten gegenüber früheren Jahren. Bei den Mädchen sank dieser Wert leicht auf 8,6%.

Jungen lehnen Gleichstellung ab – stärker als ihre Väter

Die Hauptursache für diese Entwicklung: Jungen lehnen zunehmend die Gleichstellung ab. Die Aussage, die Gleichstellung sei «zu weit gegangen» war während mehr als 30 Jahren eine Haltung einer Randgruppe in allen Altersgruppen. Obwohl sie bei Jungen und Männern häufiger vorkam als bei Mädchen und Frauen, lag diese Meinung zu keinem Zeitpunkt zwischen 1985 und 2021 bei mehr als 12% in irgendeiner Gruppe.

Dann, im Jahr 2023: ein klarer Wandel unter den Jungen an den Oberschulen. Ganze 24% äusserten nun eine solche Ablehnung der Geschlechtergleichheit – mehr als doppelt so viel wie im Jahr 2017. In der Zwischenzeit lagen alle anderen Geschlechter-Altersgruppen immer noch unter 12% – bei den Mädchen an den Oberschulen bei 3%. Sicherlich hat die Auffassung, dass die Geschlechtergleichheit «zu weit gegangen» sei, auch unter erwachsenen Männern an Zugkraft gewonnen, aber nicht annähernd so stark wie unter den Jungen. Die männlichen Teenager sind rechter geworden, stärker als ihre Väter.

Welle Anti-Feminismus bei männlichen Teenagern

Diese divergierenden Ansichten zur Gleichstellung erklären laut Berechnungen des Forschers 40 bus 50% der gestiegenen Polarisierung. «Während die Gleichstellung früher kein ideologisches Thema war, ist sie heute eng mit der Links-Rechts-Positionierung verbunden», so Mathisen. «Zugleich beobachten wir eine neue Welle politisch wirksamen Anti-Feminismus unter Jungen.»

Für die Schweiz könnten diese Erkenntnisse auch relevant sein. Schon 2023 hatte eine Sotomo-Studie im Auftrag der NZZ am Sonntag belegt, dass sich 52 % der Frauen unter 30 Jahren heute politisch links verorten – ein Anstieg von 17 Prozentpunkten seit 2010. Bei gleichaltrigen Männern stieg der Anteil der Rechtsorientierten im gleichen Zeitraum von 29 % auf 43 %.

Als Ursachen nennt die norwegische Studie soziale Medien, den Aufstieg anti-feministischer Influencer wie Andrew Tate, die #MeToo-Bewegung und den Erfolg rechtspopulistischer Politiker. Diese Faktoren wirken offenbar besonders stark auf Jugendliche in ihrer formativen Phase.

Wird dieser Trend anhalten oder verschwinden? «Die Antwort hat weitreichende Konsequenzen für die zukünftige Wählerschaft, wenn die heutigen Teenager erwachsen werden», warnt Mathisen. Auch für die politische Landschaft der Schweiz könnte dies mittelfristig tiefgreifende Folgen haben, sollte sich die Zunahme der Polarisierung auch in der Schweiz zeigen.

AI lässt Brexit- und Trump-Kampagnen wie Anfänger dastehen

Neue Technologien sind in der Lage, personalisierte politische Werbung zu automatisieren.

«Es braucht keine Angst, aber eine gewisse Vorsicht»

Florian Schütz, Direktor des Bundesamtes für Cybersicherheit, erklärt, wie man sich vor Cyberkriminellen schützen kann.

Junge hören auf Influencer

Trend zur Medienabkehr zeigt sich auch in der Schweiz

«Wer bei Wind umfällt, kommt nirgends hin»

Mattias Hüppi über seinen Wechsel vom Schweizer Fernsehen zum FC St.Gallen und sein Führungsprinzip.

Drei Qualitäten, die einen Top-CEO auszeichnen

Welche Fähigkeiten braucht es, um ein erfolgreicher Manager zu sein?

Schwache soziale Bindungen sind bei der Jobsuche Gold wert

Anpassungen beim Algorithmus von 20 Millionen LinkedIn-Nutzenden führte zu 600'000 erfolgreichen Jobwechseln.

«Die Basis ist Bildung»

Ständerat Matthias Michel (FDP.Die Liberalen, Zug) darüber, worauf wir achten müssen, um Innovation in der Schweiz zu sichern und warum das Crypto Valley weltweit führend ist

Schweiz gewinnt Rang im globalen Steuerranking

Bester Europäischer Staat nach Estland und Litauen, wenn es um die Einfachheit im Steuersystem geht.

«Es war schon ein steiler Einstieg»

Martin Tschirren verrät, wie er als neuer Chef des Bundesamtes für Wohnungswesen ins kalte Corona-Wasser geworfen wurde – und warum er nicht unterging.