Permanent im Scheinwerferlicht: Die Spitzensportlerinnen und Spitzensportler. (Foto: Shutterstock)

Sieg, Niederlage, Ärger, Freude – auf keiner anderen Bühne sind so herausfordernde Momente, so starke Emotionen zu meistern wie im Sport. Sportlerinnen und Sportler erleben ständig Ausnahme- und Drucksituationen. Zwischen Erfolg und Misserfolg, Höhenflug und Krise liegt ein schmaler Grat. Und das öffentliche Interesse ist riesig, jede verunglückte Aussage hat Shitstorm-Potenzial. So hat uns der Fussball schon viele schöne Weisheiten («Haste Scheisse am Fuss, haste Scheisse am Fuss»; Andreas Brehme) und Stilblüten («Mein Problem ist, dass ich immer sehr selbstkritisch bin, auch mir selbst gegenüber»; Andi Möller) beschert. Wochenende für Wochenende können wir in der Sportwelt Dos & Don’ts abgucken, von denen wir auch in der Unternehmenskommunikation profitieren.

Das lange, kühle Auffahrtswochenende eignete sich bestens für etwas TV-Sport. Dabei sind aus kommunikativer Sicht drei Beispiele aus der Super League und der Eishockey-WM aufgefallen, ein negatives und zwei positive.

Heiko Vogel, Sportchef und Interimstrainer FC Basel

Seine TV-Interviews sind ein Ärgernis. Heiko Vogel kommt unsympathisch und unsouverän rüber, er scheint stets etwas angefressen. Schon sein Vorgänger Alex Frei war ein Meister darin, sich über jede Interview-Frage zu ärgern. Heiko Vogels Attacke gegen Schiedsrichter Lukas Fähndrich nach dem Spiel gegen Lugano (1:1-Unentschieden) ist der Tiefpunkt. Bereits bei der ersten Frage, ob es beim FCB ohne Drama offenbar nicht gehe, fällt Heiko Vogel dem Reporter ins Wort: «Leider ohne Schweizer Schiedsrichter auch nicht.» Danach meint er allen Ernstes, dass die Schiedsrichter permanent die FCB-Spieler beleidigen würden, und wirft Fähndrich vor, dass dieser «mit einer süffisanten Arroganz die Dinge» leite. «Ich habe zu ihm gesagt, ich bin froh, wenn ich dich nicht mehr sehen muss.» Folgerichtig kriegt Vogel von Fähndrich Gelb-Rot. Immerhin sagt er im gleichen Interview (!) auch noch: «Natürlich muss ich mich im Griff haben. Keine Frage. Ich bin ein Vorbild, sollte eines sein. Das war ich heute nicht. Sofern muss ich mich bei allen Zuschauern dafür entschuldigen.»

Das Verhalten des Trainers an der Seitenlinie und in den Medien färbt aufs Team ab. Wie sollen sich die Spieler im Griff haben, wenn der Chef kein Vorbild ist? Daher erstaunt es nicht, dass auch die Mannschaft derzeit rote Karten am Laufmeter sammelt. Erstaunlich ist aber, dass ein Topverein wie der FC Basel seine Protagonisten kommunikativ nicht besser begleitet und unterstützt. Und wie stiefmütterlich überhaupt viele Sportorganisationen die Kommunikation behandeln.

Unsere Learnings:

  • Nicht angezählt und mit der Wut im Bauch vor die TV-Kamera treten. Sondern vorab nochmals ein, zwei Gänge runterschalten und sich sammeln.
  • Sich nicht durch die Fragen des Interviewers provozieren lassen oder sie gar als dumm und daneben kommentieren. Das ist unprofessionell und wirkt überheblich und aggressiv.
  • Sich vor dem Interview zusammen mit dem Kommunikationsverantwortlichen auf ein, zwei Kernbotschaften konzentrieren – und auf jegliche Rundumschläge verzichten.

Nino Niederreiter, Captain der Schweizer Eishockey-Nati und NHL-Star

Es gibt auch Naturtalente – im Sport und in der Kommunikation. Der Bündner Eishockey-Star Nino Niederreiter gehört dazu. Im Gruppenspiel gegen Rekordweltmeister Kanada (3:2-Sieg für die Schweiz) wird er vom Kanadier Joe Veleno brutal gefoult: Ein gezielter Tritt mit dem Schlittschuh gegen den Knöchel von Niederreiter. Eine klare Tätlichkeit, die nachträglich vom Eishockeyverband auch mit fünf Spielsperren bestraft wird. Doch im Spiel sehen die Schiedsrichter das Foul nicht, Niederreiter wehrt sich gegen Veleno und muss deshalb für zwei Minuten auf die Strafbank. Im TV-Interview unmittelbar danach sagt Niederreiter ganz abgeklärt und im sympathischen Bündner Dialekt: «Das sind Sachen, die man nicht machen sollte. Ich meine, logischerweise hat er versucht, etwas zu machen, das extrem weh tut. Aber das gehört nicht zum Sport.»

Keine Attacke gegen den fehlbaren Spieler, kein Vorwurf gegen die Schiedsrichter, welche die Tätlichkeit nicht gesehen und daher auch nicht geahndet haben. Und das in einer emotionalen Ausnahmesituation, in welcher Niederreiter eine heftige Ungerechtigkeit widerfahren ist und die auch eine schwere Verletzung hätte zur Folge haben können.

Unsere Learnings:

  • Auch in einer emotionalen Ausnahmesituation und bei grosser persönlicher Betroffenheit sachlich und souverän bleiben.
  • Sich auf eine Botschaft konzentrieren und diese kurz und knapp rüberbringen. Auf alles andere konsequent verzichten.
  • Vorbild auch in Situationen sein, in denen man eigentlich moralisch gesehen Oberwasser und damit bereits gewonnen hat. Das heisst: nach aussen die Gemüter beruhigen statt noch mehr Öl ins Feuer giessen.

Blerim Dzemaili, Fussball-Legende beim FC Zürich

Es ist das klassische Klischee. Eishockey ist ehrlich, hart und authentisch. Im Fussball wird gejammert und gemogelt. Das stimmt natürlich nicht (immer). Auch im Fussball gibt es am besagten Auffahrtswochenende ein sehr positives Beispiel in Bezug auf die Kommunikation.

Mit einem dreiminütigen Video kündigt FCZ-Spieler Blerim Dzemaili seinen Rücktritt als Fussball-Profi per Ende Saison an – und verbreitet dieses über die sozialen Medien. Das Video startet mit einer Luftaufnahme vom Sportplatz Steinkluppe des FC Unterstrass Zürich. Dazu die Stimme von Dzemaili im Off: «Auf diesen Plätzen hat alles angefangen. Von Klein auf begeistert vom Fussball. Bei Oerlikon, Unterstrass und YF Juventus meine fussballerische Ausbildung angefangen. Mit 15 in die FCZ Academy gewechselt und bin sofort Feuer und Flamme gewesen für den Stadtclub.» Züri-Dialekt, mit englischen Untertiteln. Dzemaili erinnert sich an sein erstes Spiel als Profi, auswärts gegen den FC Basel, «als wäre es gestern gewesen». Und sagt: «Die gesunde Rivalität mit dem FCB hat mich immer wieder begleitet.» Er erwähnt unter anderem die zwei Meistertitel mit dem FCZ, seine internationale Karriere mit den Erfolgen bei Napoli und Galatasaray Istanbul und schliesslich seine 69 Einsätze für die Schweizer Nati. «Ich bin der Schweiz immer dankbar, dass ich für sie habe auflaufen dürfen.» Zum Abschluss seiner Karriere sei er zu seinem Herzensverein zurückgekehrt – und durfte 2022 den Titel nach 13 Jahren wieder nach Zürich holen. «Es ist fast wie ein Märchen – und ein Kreis, der sich für mich geschlossen hat.» Zum Schluss dankt Dzemaili seiner Familie, den Fans, all seinen Vereinen – und schliesslich auf Italienisch auch noch allen Tifosi.

Eine eindrückliche Karriere sympathisch erzählt, mit den Bildern perfekt untermalt, professionell produziert. Besser geht nicht.

Unsere Learnings:

  • Mit einer eigenen Produktion die Deutungshoheit wahren und das Narrativ selber bestimmen.
  • Bereit sein, für eine solche Form der Kommunikation einen überdurchschnittlichen Aufwand zu leisten und professionelle Unterstützung zu holen.
  • Auf eine sympathische Weise und mit der richtigen Portion Stolz und Demut danke und adieu sagen.

Alt-Bundesrat Adolf Ogi hat es immer betont: «Der Sport ist eine unglaublich gute Lebensschule. Ich lerne, einen Sieg zu verarbeiten, eine Niederlage zu verkraften, den Gegner zu respektieren und einen Schiedsrichterentscheid zu akzeptieren.» Wir können uns dem nur anschliessen. Der Sport ist auch fürs breite Feld der Kommunikation eine gute Schule.

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