Politische Entscheidungen getroffen durch eine Künstliche Intelligenz? Das ist längst nicht für alle Bürgerinnen und Bürger ein No-go. (Shutterstock)

Haben Sie sich schon einmal überlegt, ob politische Entscheidungen nicht besser wären, wenn sie gestützt auf alle verfügbaren Informationen und nach Abwägungen aller Vor- und Nachteile, von einer künstlichen Intelligenz getroffen würden? Nein? Spezialistinnen und Spezialisten, die sich damit auskennen, würden diese Frage inzwischen wohl nicht nur mit Ja beantworten, sondern auch für einen Test plädieren. Doch wie steht es überhaupt um die Akzeptanz einer solchen politischen Lösung?

An der HSG St. Gallen wurde das jüngst in einer Studie überprüft. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler führten dazu Meinungsumfragen in der Schweiz, in Singapur, in Griechenland und in den USA durch. Die Resultate sind tatsächlich verblüffend.

Denn in der direktdemokratisch organisierten Schweiz halten sich Bürgerinnen und Bürger, die für oder gegen den Einsatz einer solchen Technologie sind, gemäss den Studienautoren nämlich genau die Waage (37 Prozent Zustimmung vs. 37 Prozent Ablehnung). Wir hätten vermutet, dass die Ablehnung hierzulande – auch vor dem Hintergrund der weltweit einzigartigen politischen Rechte – viel höher ausfallen müsste. Doch offenbar gibt es auch bei uns viele Menschen, die nicht zwingend davon ausgehen, dass die besten Entscheidungen in freien Abstimmungen und Wahlen nur an der Urne getroffen werden können. Jedenfalls haben wir in der Schweiz mehr demokratische Mittbestimmung als etwa in Singapur, das westliche Demokratien als dem Autoritarismus näher als einer Demokratie im westlichen Sinne betrachten. Unter anderem auch deshalb, weil Wahlen ausfallen und die Opposition unterdrückt wird. Im asiatischen Kleinstaat, einer sogenannten gelenkten Demokratie, war die Akzeptanz für die Idee nämlich am höchsten (39 Prozent Akzeptanz gegenüber 34 Prozent Ablehnung). Die Singapurer sind auch diejenigen, die das KI-Wahlsystem am ehesten als nützlich und benutzerfreundlich wahrnehmen.

Ganz anders ist die Lage in den USA und in Griechenland: Ein beträchtlicher Teil der befragten Amerikanerinnen und Amerikaner, nahezu die Hälfte, lehnt das System gänzlich ab (37 Prozent Zustimmung vs. 45 Prozent Ablehnung). Und in Griechenland sind genau die Hälfte der Befragten gänzlich negativ eingestellt. Somit nimmt die Bevölkerung am Peleponnes die zögerlichste Haltung ein und weist die niedrigste Akzeptanzrate auf (25 Prozent Akzeptanz gegenüber 50 Prozent Ablehnung). In allen vier Ländern gibt es darüber hinaus relativ grosse Teile der Befragten (zwischen 18 und 27 Prozent), die in dieser Frage noch ganz unentschlossen sind.

Vertrauen in die eigene Regierung und Technologieaffinität ausschlaggebend

Gemäss den Studienautoren lassen sich die Resultate tatsächlich mit den Regierungsformen, dem Level an politischem Vertrauen und einer gewissen technologischen Affinität erklären. Gerade das politische Vertrauen bietet eine gute Erklärung für die Akzeptanzraten. Zum Beispiel sind sowohl das politische Vertrauen als auch die Akzeptanz in Singapur hoch, während in Griechenland das politische Vertrauen und die Akzeptanzraten niedrig sind. Dieser positive Zusammenhang zwischen politischem Vertrauen und Akzeptanz gilt auch für die Schweiz. Einzig in den USA taugt dieser Ansatz zur Erklärung weniger, wobei das Vertrauen in die Politik in diesem inzwischen wohl am stärksten polarisierten Land ohnehin nicht mehr mit den anderen drei Ländern vergleichbar ist.

Ein ähnliches Bild ergibt sich laut der Studie auch für das Vertrauen in die Technologie. Vergleicht man die Technologieaffinität und die Akzeptanzraten, so stimmen beide in etwa überein. Das bedeutet: Singapur hat hohe Akzeptanzraten und eine hohe technologische Affinität und umgekehrt weist Griechenland niedrige Akzeptanzquoten und eine geringe Technologieaffinität auf. Dieser Zusammenhang gilt auch für die USA und die Schweiz.

Einen gewissen Einfluss spielt offenbar auch das Geschlecht der Befragten: So zeigen die Zahlen einen Einfluss auf die Akzeptanz in Singapur (Frauen akzeptieren eher als Männer) und in den USA (Männer akzeptieren eher Frauen).

Unter Berücksichtigung aller Aspekte präsentiert diese Studie zwei Hauptergebnisse. Erstens: Nützlichkeit und Benutzerfreundlichkeit sind gute Prädiktoren für die Akzeptanz von KI-Abstimmungen über alle Kulturen hinweg. Zweitens: Vertrauen in die Technologie und bestimmte Aspekte der politischen Kultur tragen wahrscheinlich zur Technologieakzeptanz bei.

Die Autoren sind der Ansicht, dass politische Entscheidungen durch künstliche Intelligenz ein umstrittenes Thema bleiben werden. Weil sie davon ausgehen, dass KI-Entscheidungssysteme nachweisbare praktische Vorteile für die Bürgerinnen und Bürger brächten, rechnen die Wissenschaftler damit, dass der allgemeine Tenor der Einstellungen positiver werden könnte. Sollte sich jemand daran wagen, einen Proof of Concept zu erbringen, einschliesslich der Bestätigung der technischen Machbarkeit, würde das wahrscheinlich einen Teil der Ambivalenz gegenüber der KI-Wahl zerstreuen, heisst es in der Studie zum Schluss.

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