Im Juni 2019 erhielt Prof. Dr. med. Christoph Berger den Guido Fanconi Gedenkpreis für sein intensives Engagement für übergeordnete Belange in der Kindermedizin. Der Preis ist der wichtigste in der Schweiz vergebenen Preis in der Pädiatrie. Daneben präsidiert Berger die Eidgenössischen Kommission für Impffragen. (Foto: Universität Zürich)

Herr Berger, schweizweit haben sich laut neuesten Zahlen des Bundesamtes für Gesundheit über 550 Personen mit dem Coronavirus infiziert, obwohl sie bereits vollständig geimpft waren. Lohnt es sich angesichts der hochansteckenden Delta-Variante überhaupt, sich impfen zu lassen?

Christoph Berger: Wir sollten folgende Tatsachen berücksichtigen: Die momentan dominierende Delta-Variante ist viel ansteckender als die ursprüngliche Variante, und sie hat die vorherigen Varianten verdrängt. Statistisch gesehen schützen die in der Schweiz zugelassenen Impfstoffe auch vor der Delta-Variante sehr gut. Zwar kann sie Ansteckungen nicht restlos verhindern. Wenn es aber zu einer Ansteckung kommt, dann mildert sie den Krankheitsverlauf deutlich ab und schützt vor schwerer Erkrankung.

Jüngere Personen wie Studierende erleben meist keine schweren Verläufe. Sollen sie sich trotzdem impfen lassen?

Ja, denn es ist wichtig, die Viruszirkulation möglichst gering zu halten. Sobald wir wieder enger zusammenrücken und mehr Zeit in geschlossenen Räumen verbringen, werden sich wieder mehr Menschen infizieren. Das Impfen trägt auch dazu bei, die Älteren oder diejenigen mit Vorerkrankungen, die vulnerabler sind, zu schützen. Ich verstehe das Impfen auch als soziale Aktivität. Wer sich impfen lässt, schützt nicht nur sich, sondern auch Familie, Freunde, Kommilitonen und WG-Partnerinnen und -partner.

Die Inzidenz ist im Moment niedrig, somit ist doch keine Eile geboten, oder doch?

Die Inzident steigt jetzt. Den besten Schutz haben diejenigen, die beide Impfungen erhalten haben. Das geschieht in etwa in einem Zeitraum von sechs Wochen.

Einige haben Bedenken vor den Folgen der Impfung; zum einen vor der Impfreaktion, aber auch vor den langfristigen Auswirkungen der Impfung, die man heute noch nicht kennt. Wie schätzen Sie die Skepsis gegenüber dem neuen mRNA-Impfstoff ein?

Bei neuen Krankheiten wie Covid-19 und neuen Impfstoffen können gar nicht alle Nebenwirkungen zum Zeitpunkt der Zulassung schon bekannt sein. Inzwischen sind jedoch bereits Hunderte Millionen Menschen geimpft. Die Geimpften haben vor allem Reaktionen in den Tagen nach der 2. Impfung, aber schwere Nebenwirkungen sind sehr selten. Die Erfahrung mit vielen Impfstoffen über viele Jahre hat gezeigt, dass die meisten schädlichen Auswirkungen einer Impfung bereits kurze Zeit danach sichtbar werden.

Eine gewisse Skepsis gegenüber dem Covid-19-Impfstoff gilt der Technologie, die noch nie zuvor in der Geschichte der Impfungen eingesetzt wurde, dem mRNA-Impfstoff. Aber man muss wissen: Diese Technologie ist gar nicht so neu. Sie beruht auf mindestens 10 Jahre langer Forschung und grossen Impfstudien.

Schützt die Impfung auch vor Long Covid?

Ja, selbstverständlich. Wer von Long Covid betroffen ist, lebt stark eingeschränkt. Einige von hundert Menschen, die positiv auf das Coronavirus getestet werden, zeigen eine sehr verzögerte Erholung und entwickeln zum Beispiel ein sogenanntes Fatigue-Syndrom. Wer daran leidet, kann für längere Zeit, Wochen bis Monate, den Alltag und auch die Anforderungen des Studiums kaum bewältigen.

Kann man sich mit der Impfung ein Stück Freiheit erhalten und auch beibehalten?

Wenn alle geimpft wären, wäre der Freiheitsgewinn riesig.

Das Gespräch mit Christoph Berger erschien erstmals auf dem Kommunikationsportal der Universität Zürich.

Fünf Argumente, die für das Impfen sprechen:

1. Wer sich impft, schützt sich und andere

2. Corona-Pandemie insbesondere mit der Delta-Variante nicht unterschätzen

3. Long Covid nicht unterschätzen und keine Chance geben

4. Nur eine hohe Impfquote ermöglicht in Unternehmen oder an Hochschulen einen Präsenzbetrieb

5. Impfung ist die beste Voraussetzung zu mehr Normalität und Freiheit

Der mRNA-Impfstoff

Bei der Impfung wird der mRNA-Code für ein Virus-Eiweiss verabreicht. Der Körper folgt dem Bauplan und produziert dieses Eiweiss, das dann als Antigen präsentiert wird. Bei Covid-19 ist es das Spike-Protein des Sars-Corona-Virus 2. Das Protein ruft eine Immunantwort auf den Plan, der Geimpfte beginnt mit der Produktion von spezifischen Antikörpern und Zellen, die dann agieren, sobald es zur Virusinfektion kommt.

Seit 20 Jahren wird an der mRNA-Technologie und an mRNA-Impfstoffen geforscht, auch an der Universität Zürich. Ohne diese Forschung hätte man niemals so schnell einen Impfstoff herstellen können. Der mRNA-Impfstoff hat viele Vorteile, er kann in kurzer Zeit designt und dann in hohen Dosen hergestellt werden. Diese jetzt breit angewandten mRNA-Impfstoffe zeigen eine hervorragende Wirksamkeit und eine sehr gute Verträglichkeit und Sicherheit. Zu den mRNA-Impfstoffen gehören Comirnaty von Pfizer/BioNTech und Spikevax von Moderna.

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