Klima-Protest in Paris. (Bild: Shutterstock)

Um den Klimawandel kommt niemand herum. Nach freitäglichen Schülerstreiks wurde «Klimajugend» zum Deutschschweizer Wort des Jahres 2019, das amerikanische Nachrichtenmagazin «Time» kürte die schwedische Klima-Aktivistin Greta Thunberg zur Person des Jahres, und die Grünen gingen als grosse Sieger aus den Wahlen in der Schweiz und in Österreich hervor. Nun legt die Finanzwelt nach: Die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich BIZ warnte im Januar vor einem Crash als Folge des Klimawandels. Und im Zentrum des Weltwirtschaftsforums WEF in Davos standen Umweltfragen.

Klimawandel fehlt unter den Top-Ten-Geschäftsrisiken
Umso erstaunlicher ist das Ergebnis eines WEF-Berichts, wonach sich Wirtschaftsführer davon offenbar nicht beeindrucken lassen. In der ersten Hälfte des vergangenen Jahres fragten Forscher im Auftrag des Forums in den Chefetagen rund um den Globus nach, welche Risiken als die grössten eingeschätzt werden. Zur Wahl standen 30 mögliche Gefahren, von extremen Wetterereignissen über Umweltkatastrophen und Finanzkrisen bis zu Terrorattacken. Die Antworten der gegen 13’000 Wirtschaftsführer zeigen: Unter den 10 grössten Risiken für die Geschäftstätigkeit kommt der Klimawandel schlicht nicht vor. Global genauso wenig wie in Europa.

Europäische Wirtschaftsführer sehen gemäss dem Bericht «Regional Risks for Doing Business 2019» vielmehr Cyberattacken als grösste Bedrohung. An zweiter und dritter Stelle folgt das Risiko einer Vermögensblase und zwischenstaatlicher Konflikte – in der Schweiz rangiert die Sorge vor Konflikten gar auf Platz zwei. Weiter fürchten die Chefs einen Energiepreisschock, Krisen der Staatsfinanzen, Datendiebstahl, Arbeitslosigkeit, soziale Unruhen und Migration.

Fehlendes Problembewusstsein überrascht
Das Bewusstsein für Umweltfragen ist in Ostasien/Pazifik am grössten. In jener Region, die 2018 Schauplatz von rund der Hälfte der weltweiten Umweltkatastrophen war, setzen die Wirtschaftsführer dieses Risiko zuoberst. Selbst in Nordamerika schaffen es trotz Skepsis von US-Präsident Donald Trump «Extreme Wetterereignisse» und «Scheitern der Anpassung an den Klimawandel» in die Top Ten der Risiken. Nicht jedoch in den anderen sechs Regionen, einschliesslich Europa.

«Für mich ist der Klimawandel das grösste existentielle Risiko, um in Europa Geschäfte zu betreiben», kommentiert Alison Martin von der Zürich-Versicherung im Namen des WEF den Befund. Den Unternehmungen drohten enorme Kosten. Also müssten die Verantwortlichen jetzt handeln, um vorbereitet zu sein. Umso überraschender sei deren fehlendes Problembewusstsein.

Franz Grüter: «Als Unternehmer beschäftigen mich andere Sorgen»
Nicht überrascht zeigt sich hingegen Franz Grüter, Luzerner SVP-Nationalrat und Verwaltungsratspräsident der Internetfirma green.ch. «Selbstverständlich müssen wir zum Klima Sorge tragen», erklärt er. Dennoch: «Wenn ich eine Unternehmung führen muss, beschäftigen mich andere Sorgen wie Währungsentwicklung, Negativzinsen, instabile Märkte oder allfällige Konflikte stärker.»

Alois Gmür: «Die Wirtschaft will sich kein bisschen bewegen»
«Die Wirtschaftsführer haben noch nicht begriffen, worum es eigentlich geht», widerspricht Alois Gmür, Schwyzer CVP-Nationalrat und Brauereiunternehmer aus Einsiedeln. Dabei könne es auch eine Chance sein, das Geschäftsmodell zu ändern und etwa möglichst umweltschonende Verpackungen zu nutzen. Deshalb setze er sich per Vorstoss für ein Pfand auf PET-Flaschen und Alu-Dosen ein, merke dabei aber: «Die Wirtschaft will sich kein bisschen bewegen.»

Regula Rytz: «Naturgesetze kümmern sich nicht um die Prioritäten von Wirtschaftsführern»
Grünen-Präsidentin Regula Rytz sieht es ähnlich. «Traditionelle Wirtschaftsführer schreiben schöne Nachhaltigkeitsberichte und vergiessen Krokodiltränen, wenn sie von der Zukunft ihrer Kinder sprechen. Aber in der Realität machen sie einfach weiter wie immer», sagt die Berner Nationalrätin. Beim Klimaschutz auf freiwillige Massnahmen der Konzerne zu hoffen, sei deshalb naiv. Die Politik müsse so schnell wie möglich verbindliche Regeln beschliessen, denn: «Naturgesetze kümmern sich nicht um Prioritäten von Wirtschaftsführern.»

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