Nur wer offen ist, erzielt Wirkung
Die Wissenschaft lebt vom internationalen Austausch der Ideen.
Eine Publikation in der Wissenschaftszeitung «Nature» zeigt, dass die Anzahl zitierter Beiträge und die Internationalität des lokalen Forschungsplatzes zusammenhängen. Länder mit offenen Hochschulräumen, die gut vernetzt sind, erzielen mit ihren Publikationen mehr Wirkung.
Korrelation von Output und Erkenntnis
Weltweit haben die Ausgaben für Forschung zugenommen. Erwartungsgemäss steigt damit auch der Forschungsoutput bzw. die Anzahl Publikationen. Entscheidend ist allerdings, inwiefern die wissenschaftlichen Artikel zu neuer Erkenntnis führen und in weitere Forschung einfliessen. Daher wird bei der Evaluation der Forschungstätigkeiten darauf geachtet, in welchen Zeitschriften die Resultate publiziert, wie häufig und von wem sie zitiert werden. Je mehr Beachtung ein Artikel findet, desto grösser dürfte der wissenschaftliche Wert sein, bzw. desto einflussreicher sind die darin präsentierten Schlussfolgerungen.
Diese arithmetische Form der Qualitätsmessung, die an manchen Hochschulen lohnbestimmend sein kann, hat durchaus ihre Schwächen. Sie setzt beispielsweise Anreize, die Anzahl der Publikationen zu vermehren. Kritiker monieren, dass dadurch nur noch in bereits etablierten Forschungsfeldern gearbeitet wird, da sich hier leichter publizieren lässt. Daher gibt es Bestrebungen, die Qualität der Forschung vielfältiger, unter Einbezug weiterer Faktoren, zu verstehen. In einem Artikel in der Zeitschrift «Nature» über den Impact von wissenschaftlichen Artikeln beschränken sich Caroline S. Wagner und Koen Jonkers aus praktischen Gründen jedoch auf die Zitationen, weil diese Daten vorhanden sind.
Globale Austauschbeziehungen pro Forschungsplatz
Die beiden Forscher fanden heraus, dass wissenschaftliche Beiträge, die häufig zitiert werden und somit grössere Wirkung entfalten, in sogenannt «offenen Ländern» zahlreicher sind. «Offen» heisst in diesem Zusammenhang zum einen, dass der Anteil ausländischer Forscher besonders hoch ist. Oder auch, dass einheimische Wissenschafter häufiger im Ausland forschen oder wieder zurückkehren, also schon einmal im Ausland waren. Zum anderen wird die Anzahl Co-Autorenschaften erfasst, die von Wissenschaftern unterschiedlicher Institutionen verschiedener Länder eingereicht wurden. «Offenheit» kann somit als ein Mass globaler Austauschbeziehungen gesehen werden, die auf einem bestimmten Forschungsplatz gelebt werden.
42 Prozent aller Schweizer Beiträge stammen von internationalen Co-Autorenschaften. Hiesige Forscher teilen ihre Ideen also mit Kollegen im Ausland. Im internationalen Vergleich ist die Schweiz damit am stärksten global vernetzt. Absolut weisen die USA, England, China, Deutschland, Frankreich und Kanada mehr internationale Co-Publikationen auf. Die Schweiz erzielt mit ihren Veröffentlichungen anteilsmässig aber die grössere Wirkung.
Gewiss, die Studie zeigt nur einen Zusammenhang zwischen Offenheit und wissenschaftlichem Einfluss und damit keine Kausalität. Es liegt in der Natur der Sache, dass führende Wissenschafter international wahrgenommen werden und daraus früher oder später grenzüberschreitende Kooperationen entstehen. Gleichwohl fördert die Europäische Union mit der European Research Area bewusst die Zusammenarbeit – mit Erfolg, wenn man den Anteil der Artikel in den 10 % am häufigsten zitierten Forschungspublikationen international vergleicht.
Die Untersuchung von Wagner und Jonkers verdeutlicht, wie wichtig die Möglichkeit des Austausches für die Qualität und das Ansehen für den Schweizer Forschungsplatz ist. Dies bedeutet, dass der Schweizer Hochschulraum für internationale Kooperationen offenbleiben muss. Ein wesentliches Element stellen grenzüberschreitende Forschungsprogramme dar, wie sie mit Horizon Europe neu aufgegleist werden. Nur mit einer vollständigen Assoziation hat der Schweizer Forschungsplatz die nötige Attraktivität, um sich mit den Weltbesten auszutauschen. Ansonsten lassen sich Spitzenforscher in Ländern nieder, in denen sie uneingeschränkten Zugang zu den europäischen Forschungsprogrammen erhalten.
Dieser Artikel erschien erstmals bei Avenir Suisse.