Die Entscheidungsträger aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft haben am Weltwirtschaftsforum (WEF) in Davos schon mehr Zuversicht verströmt. Sie sehen sich gegenwärtig nicht nur mit konjunkturellen Unsicherheiten konfrontiert wie der Wachstumsschwäche im Westen, der unberechenbaren Entwicklung in China, den hohen Arbeitslosenzahlen in Europa, dem Niedergang des Erdölpreises, den Flüchtlingsströmen, geopolitischen Verschiebungen im Nahen Osten und dem Klimawandel. Auch der radikale Wandel in der Arbeitswelt stellt die Unternehmen, die Regierungen und die Gesellschaft vor ganz neue Herausforderungen: künstliche Intelligenz, selbstlernende Maschinen, 3-D-Drucker, neuartige Materialien, Roboter, medizinische Innovationen.

Nach dem Wasserdampf das Internet
Die vierte industrielle Revolution ist denn auch in aller Munde und das grosse Modewort an Konferenzen. Mit dem mechanischen Webstuhl und der Nutzung von Wasser- und Dampfkraft wurde Ende des 18. Jahrhunderts die erste industrielle Revolution eingeläutet. Die zweite erfolgte 100 Jahre später mit den ersten Fliessbändern, der Elektrizität und der arbeitsteiligen Massenproduktion. Vor 50 Jahren leiteten die Elektronik und die Computer die dritte industrielle Revolution ein. Und jetzt steht mit dem Internet der Dinge, der Verschmelzung von Objekten mit dem globalen Netz, die vierte industrielle Revolution vor der Tür.

Die Ratlosigkeit über die Folgen dieses neuen Zeitalters ist gross. Deshalb hat das Weltwirtschaftsforum eine so umfassende wie erhellende Studie mit dem Titel «Die Zukunft der Arbeit» («The Future of Jobs») veröffentlicht. Ziel ist es, die Folgen der technologischen und gesellschaftlichen Veränderungen besser zu verstehen.

Eine Zahl dominiert die Berichterstattung über die Studie: Rund 5 Millionen Menschen werden bis 2020 weltweit ihren Job an Roboter verlieren. Das ist allerdings nur die eine Seite der Medaille. Denn in dieser ominösen vierten industriellen Revolution werden nicht nur Arbeitsstellen verschwinden – in aller Regel Routinetätigkeiten, die von Algorithmen oder Maschinen übernommen werden. Es werden vielmehr neue Arbeitsstellen entstehen, die es heute noch gar nicht gibt. Die Studienverfasser sind deshalb bemüht, darzustellen, was die Folgen für die einzelnen Branchen sind und wie sich jeder Einzelne auf den Wandel vorbereiten kann.

Neun globale Treiber
Entscheidungsträger aus 371 Firmen und 15 grossen Volkswirtschaften wurden für die Studie befragt. Diese beschäftigen insgesamt 13,5 Millionen Personen und befassen sich intensiv mit der Zukunft der Arbeitswelt.

Folgende neun demographische, gesellschaftliche und wirtschaftliche Treiber oder Trends, die heute schon spürbar sind und sich gegenseitig verstärken werden, stellen die Welt vor grosse Herausforderungen. Aber sie bergen auch viele Chancen und Möglichkeiten für neue Ideen, neue Produkte, neue Dienstleistungen, neue Geschäftsmodelle und neue Unternehmen.

  1. Verändertes Arbeitsumfeld: Die neuen Technologien ermöglichen es, überall auf der Welt tätig zu sein. Für viele Jobs braucht es je länger je weniger fixe Arbeitsplätze, sondern Coworking-Räume und flexible Vereinbarungen mit dem Arbeit- oder Auftraggeber. Die Zusammenarbeit in kleinen Teams, die sich je nach Aufgabe neu zusammensetzen, wird wichtiger.
  2. Aufstieg der Mittelklasse in den aufstrebenden Volkswirtschaften: Im Jahr 2030 dürfte Asien 66 Prozent der weltweiten Mittelklasse zählen und 59 Prozent des Mittelklasse-Konsums.
  3. Klimawandel und Energiewende: Die Veränderung des Klimas ist der Haupttreiber für Innovation, weil die Wirtschaft und die Gesellschaft gezwungen sind, die Folgen der globalen Erderwärmung in den Griff zu kriegen.
  4. Steigende geopolitische Unsicherheiten: Die Weltkarte ändert sich permanent mit Konsequenzen für den Welthandel, die Mobilität der Arbeitskräfte und die global tätigen Unternehmen.
  5. Ethische Anliegen: Die Konsumenten werden sich vermehrt mit Themen befassen wie den CO2-Emissionen, den Tierrechten, der Lebensmittelsicherheit, den Umweltanliegen, den ethischen Standards von Firmen, dem Schutz der Privatsphäre und den Arbeitsbedingungen.
  6. Langlebigkeit im Westen: Die Bevölkerung wird älter. Zum einen müssen die Leute länger als bis zum Alter von 65 Jahren arbeiten, zum andern entstehen neue Produkte, Dienstleistungen und Geschäftsmodelle.
  7. Junge Demographien in aufstrebenden Märkten: Die junge Bevölkerung in den einstigen Entwicklungsländern fordert die reifen Volkswirtschaften heraus; zudem hat dies Auswirkungen auf das globale Bildungssystem und Talent-Management.
  8. Aufstieg der Frauen: Die Frauen werden in Politik und Wirtschaft eine wesentlich dominantere Rolle spielen als bisher.
  9. Verstädterung: Lebten 2010 weltweit 2,6 Milliarden Menschen in Städten, dürften es 2050 doppelt so viele sein, nämlich 5,2 Milliarden, namentlich in Asien und Afrika.

Welches die technologischen Treiber sind, wie sich diese auf die Arbeitswelt auswirken und wie sich Wirtschaft und Gesellschaft auf diesen Wandel vorbereiten, lesen Sie in der zweiten Ausgabe von influence ab 26. Februar.

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